Susannchens kleine Impfkunde – Heute: Angst vor Impfschäden und Risiken?
Liebe Eltern, liebe Leserinnen und Leser,
dass wir hier eindringlich für das Impfen plädieren, ist sicher hinreichend deutlich geworden. Das hat gute, sehr gute Gründe, was wir hoffentlich noch einmal deutlich machen konnten. Es ist dazu aber wichtig, dass wir uns auch mit dem Begriff des Impfschadens einmal näher befassen. Nicht zuletzt, um der Anti-Impf-Propaganda mit diesem Begriff einige sachliche Informationen entgegenzusetzen (was ja mit dem Quecksilber-, dem Aluminium- und dem Autismusthema ja schon zu großen Teilen geschehen ist).
Etwas, was wirkt, wirkt nicht nur so, wie wir es gerne hätten. Die Nebenwirkungen von Medikamenten sind ein Dauerthema. Nur leider stimmt meist die Perspektive nicht so recht, unter denen man dieses Problem betrachtet.
Ein Stoff, den man dem Körper zuführt, hat bestimmte Wirkungen. Welche davon wir „wollen“, welche für uns „nützlich“ sind, ist dem Stoff egal. Jede Medizin muss diesen Grundsatz berücksichtigen. Die Kunst der modernen Arzneimittelforschung besteht unter anderem darin, die Hauptwirkungen einer Substanz zu maximieren und die Nebenwirkungen zu minimieren. Ein Mittel, das wirken soll, aber keine Nebenwirkungen hat, gibt es nicht. (Also: Aufgepasst bei Versprechungen zu „wirksamen und nebenwirkungsfreien“ Mitteln!)
Wenn der Arzt ein Medikament verordnet, so tut er das immer (jedenfalls sollte das immer so sein) unter einer Abwägung der Vorteile (Wirkung) und der Nachteile (Nebenwirkung) des Mittels.
Ein paar Begriffsbestimmungen
Für Impfungen gilt im Prinzip nichts Anderes. So kann man durchaus in einem gewissen Umfang mit Reaktionen rechnen, die sich aus der Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff ergeben. Dazu gehören eine Rötung an der Einstichstelle, gelegentlich etwas Erhöhung der Körpertemperatur, ein leichtes Krankheitsgefühl und solche Dinge. Manchmal auch eine ganz leichte Form der „geimpften“ Krankheit, wie die sogenannten „Impfmasern“. Wie gesagt, wenn überhaupt. Was man von diesen „Impfkomplikationen“ zu halten hat – nun, man vergleiche sie mal mit der voll ausgebrochenen Krankheit, dann ist diese Frage schon beantwortet.
Impfschäden sind etwas anderes.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) sagt dazu:
„Schwerwiegende sogenannte unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) nach Impfungen sind sehr selten. Nach § 6 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung namentlich meldepflichtig. Die Meldung erfolgt vom Arzt an das Gesundheitsamt. Die Gesundheitsämter sind nach § 11 Abs. 3 IfSG verpflichtet, die gemeldeten Verdachtsfälle der zuständigen Landesbehörde und der zuständigen Bundesoberbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut, […] zu melden. Die Meldepflicht nach IfSG gilt in jedem Fall. Unabhängig davon besteht die Möglichkeit, direkt an den Hersteller oder online direkt an das PEI zu melden. […] Das PEI unterhält eine Datenbank, die sowohl Verdachtsmeldungen als auch bestätigte Fälle von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Impfungen umfasst. Bei Fragen zu möglichen Symptomen nach der Gabe von Impfstoffen ist daher das PEI der richtige Ansprechpartner.“
Unter einem Impfschaden versteht man rechtlich „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde“ (§ 2 IfSG).
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ergänzt:
„Impfstoffe sind, wie alle anderen wirksamen Arzneimittel auch, nicht völlig frei von Nebenwirkungen. Die Anforderungen an die Sicherheit von Impfstoffen sind höher als etwa an Arzneimittel zur Behandlung schwer erkrankter Personen. Denn es sind in der Regel gesunde Kinder, Jugendliche und Erwachsene, welche geimpft werden. In äußerst seltenen Fällen können Impfstoffe zu Gesundheitsstörungen und Erkrankungen führen. Ein zeitlicher Zusammenhang von Impfung und einer Erkrankung begründet einen Verdacht, ist aber noch kein Beweis dafür, dass eine Impfung die Krankheit verursacht hat.“
Das PEI bietet sogar online eine Meldemöglichkeit für Patienten/Verbraucher , die glauben, einen Impfschadenverdacht zu beobachten. Es führt die Daten zusammen und behält den Gesamtüberblick, um auch über Einzelfälle hinausgehende Alarmzeichen erkennen zu können. Weil er das Impfwesen als Angelegenheit des Gemeinwohls ansieht, garantiert der Staat, auch wenn er keine Impfpflicht verhängt hat, den Ersatz für Schäden, falls solche im Rahmen der empfohlenen Schutzimpfungen auftreten sollten.
Und wie ist das nun mit dem Risiko?
Bewährte Impfstoffe, wie sie in den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Standardimpfungen enthalten sind, bergen ein minimales Risiko eines echten Impfschadens. Man muss auch bedenken, wie sehr die Impfstoffe sich fortentwickelt haben und deswegen auch immer weniger belastend wurden. Heute kann man nicht nur auf viele Zusatzstoffe zur Konservierung ganz verzichten, auch ist die Zahl der aktiven Impfbestandteile enorm gesunken (die erste Keuchhustenimpfung vor etwa 30 Jahren enthielt noch rund 3.000 aktive Teilchen, die Sechsfach-Kombiimpfung heute insgesamt nur noch rund 150). Und die unter der Corona-Pandemie so bekannt gewordene, nach gut 20 Jahren intensiver Forschungs- und Entwickungsarbeit nun endlich zum Zuge gekommene mRNA-Methode ist ein Quantensprung (nicht nur) in der Hinsicht, dem „natürlichen“ Immunisierungsgeschehen so nahe wie möglich zu kommen! Und ganz sicher keine Gentechnik, sondern schlicht ein Triumph des menschlichen Erkenntnisstrebens.
Kennen Sie jemanden in Ihrem Umkreis mit einem anerkannten Impfschaden? Wahrscheinlich allenfalls jemanden, der behauptet, dass die Tochter der Schwiegermutter des Bäckers nach einer Impfung die Sprache verloren habe. Solche Leute sollten Sie fragen, ob der behandelnde Arzt den Fall über das Gesundheitsamt dem PEI gemeldet hat. Wenn nicht, erkundigen Sie sich weiter, wieso der Behandelnde (auch Heilpraktiker sind dazu verpflichtet!) denn gegen seine gesetzliche Meldepflicht verstößt und damit bis zu 50.000 Euro Geldbuße riskiert. Hat es eine Meldung gegeben, sollten Sie weiter nachfragen, ob der Fall anerkannt worden ist oder nicht. Es ist aber recht unwahrscheinlich, dass Sie in Ihrem persönlichen Umfeld jemals auf einen wirklichen Impfschadenfall stoßen werden.
Die letzte über Einzelfälle hinaus gehende Impfschadengeschichte war die Feststellung der skandinavischen Gesundheitsbehörden, dass der Pandemrix-Impfstoff gegen die berüchtigte Schweinegrippe bei Kindern Narkolepsie ausgelöst haben dürfte. Das war im Jahr 2010. In Deutschland waren dazu beim PEI 59 Verdachtsmeldungen eingegangen, insgesamt handelte es sich um etwa 1.500 Fälle (aus mehreren hunderttausend). An der Aufdeckung dieser Geschichte hat die medizinische Forschung selbst den größten Anteil, denn sie will verstehen, was passiert ist, um daraus zu lernen. Man hat so lange geforscht, bis man den Mechanismus offengelegt hatte, der hier ursächlich war. Eine komplexe Geschichte, die nur über mehrere Umwege überhaupt auf die Impfung zurückging. Wer sich dafür interessiert, kann das hier in gut verständlicher Form und hier in allen Details nachlesen. Ob in diesem Fall den Zulassungsbehörden letztlich doch von Seiten der Hersteller Informationen vorenthalten wurden, ist letztlich nicht abschließend geklärt, hat aber zu weiteren Restriktionen bei der Zulassung von Impfstoffen geführt. Mit der Risikolage bei den empfohlenen Standardimpfungen, von denen wir hier in der Regel sprechen, ist das nicht zu vergleichen. Und dass die Schweinegrippesache unter anderen Aspekten keine Glanzleistung war (woran sogar die Weltgesundheitsorganisation Mitschuld tragen dürfte) ist eine andere Geschichte.
Impfschaden-Propaganda
Weitaus mehr über „Impfschäden“ als vom PEI und vom RKI „erfährt“ man aus einer ganz anderen Ecke. Es gibt so einiges an selbsternannten „Überwachern“, darunter das eine oder andere Portal im Internet, das sich mit der „Dokumentation von Impfschäden“ und womöglich mit der „Interessenvertretung von Geschädigten“ befasst. Googelt man „Impfschäden“, bekommt man nahezu ausschließlich Treffer von Impfgegnerseiten – sie haben diesen Begriff besetzt, vielfach mit Gruselpropaganda. So entsteht der falsche Eindruck, Impfschäden, teilweise schwerster Art, seien ein großes Thema und das würde „unterdrückt“.
Auf etlichen diesen Seiten findet man Fallschilderungen und Erlebnisberichte, die durchaus oft traurige Schicksale beschreiben. Das sind aber keine Impfschadenfälle, sondern meist Menschen, die von der „normalen Medizin“ enttäuscht sind, zu Recht oder zu Unrecht, durch einen unnötigen Leidensweg, durch ungünstige Umstände oder durch dem Umstand, dass die Medizin -leider- keineswegs in der Lage ist, Wunder zu bewirken. Solche Menschen und ihre Schicksale werden von selbsternannten Impfschadenjägern übel instrumentalisiert. Fälle, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Kausalität belegt ist, also eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Krankheit bzw. Behinderung und Impfung, sind dort nicht zu finden. Wer sich einmal mit solcher Propaganda näher beschäftigt hat, findet dafür nur noch ein Wort: Widerwärtig. Und wenn man dann noch in einem Atemzug lesen kann, dass die gleichen Leute, die ihre Kinder aus Angst vor Nebenwirkungen nicht impfen lassen, diese mit dem unsäglichen MMS traktieren, da ist man fassungslos. Merke: Ansprechpartner für Impfschäden und den Verdacht darauf ist – neben dem behandelnden Arzt und dem örtlichen Gesundheitsamt – nur das Paul-Ehrlich-Institut – siehe oben.
Kurz und knapp: Das Risiko eines Impfschadens durch die empfohlenen Standardimpfungen ist um mehrere Zehnerpotenzen kleiner als das Risiko, eine ernsthafte Komplikation einer impfpräventablen Krankheit zu erleiden. Und vielfach geringer als so manche Nebenwirkung von Medikamenten. Die Quote, mit der beispielsweise Aspirin, dieses scheinbar alltägliche, kaum als Medikament wahrgenommene Mittelchen, lebensbedrohliche Nebenwirkungen auslöst (das sind vor allem Spontanblutungen im Verdauungstrakt), dürfte höher sein als bei einem Standardimpfstoff. Wenn also der Impfarzt die jeweils angegebenen Kontraindikationen, also die Dinge, unter denen nicht geimpft werden darf, beachtet, überwiegt der zu erwartende Nutzen das mögliche Risiko bei weitem. Eine Ablehnung einer Standardimpfung würde dann nach den Gesetzen der Logik auch erfordern, praktisch jede Medikamententherapie abzulehnen. Ein Nullrisiko gibt es nicht, nicht in der Medizin und nicht im alltäglichen Leben. Beim Impfen ist es sehr gering – es wiegt den Nutzen nicht annähernd auf.
Und noch was zum Schluss: Die Behauptungen von „Therapeuten“ irgendwelcher Couleur, sie könnten „Impfschäden behandeln“ indem sie „schädliche Anteile der Impfungen ausleiten“ und dafür dann auch noch dubiose Methoden wie die Homöopathie verwenden – das ist nichts anderes als übelste Geschäftemacherei mit den Ängsten verunsicherter Menschen. Das fällt unter „Disease Mongering“, das „Erfinden“ von Krankheiten, um sie dann gewinnbringend behandeln zu können. Ersparen wir uns, nach einem passenden Begriff für so etwas zu suchen.
TL;DR „too long, didn’t read“
Keine medizinische Intervention ist ohne Nebenwirkungsrisiko, das gibt es einfach nicht. Somit auch das Impfen. Das Risiko, echte Impfschäden zu erleiden, ist aber sehr gering. Deshalb empfohlene Standardimpfungen abzulehnen, müsste auch – und erst recht – zur Ablehnung von Medikamenteneinnahmen führen. Die Latte für die Sicherheit bei der Zulassung von Impfstoffen liegt noch höher als bei den meisten Medikamenten, denn schließlich sind sie ja zur Anwendung am Gesunden bestimmt und nicht zur Behandlung einer – eventuell schlimmen – Krankheit, wo man Nebenwirkungen teils bewusst in Kauf nimmt. Impfen als Angelegenheit des Gemeinwohlanliegens wird durch das PEI und das RKI ständig überwacht, auch auf das Auftreten von Impfschäden. So etwas wie ein „Ausleiten“ von „schädlichen Anteilen von Impfungen“ gibt es nicht, solchen „Offerten“ geht in der Regel voraus, dass verunsicherten Menschen Impfschäden buchstäblich eingeredet werden.
In der letzten Folge werden wir Argumente Pro und Contra Impfpflicht vorstellen.
Bisher erschienen in unserer kleinen Serie:
Folge 1 – Impfen nützt!
Folge 2 – Impfen und das Immunsystem
Folge 3 – Zusatzstoffe und das liebe Geld
Folge 4 – Lügengeschichten
Folge 5 – Herdenschutz
Bildnachweis: Fotolia (Montage Meme) / Google (Screenshot)
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