Susannchens kleine Impfkunde – Heute: Lügengeschichten…
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir möchten Ihnen, gerade weil unsere kleine Serie um Vertrauen fürs Impfen werben soll, eine besonders üble Geschichte nicht vorenthalten, die schon viel zu lange weltweit Eltern in Sorge und in Unsicherheit in Sachen Impfung versetzt. Es geht heute um das, was gemeinhin als „Autismus-Lüge“ bezeichnet wird (außer von denen, die sie verbreiten), die „Affäre Wakefield“.
Andrew Wakefield, damals Kinderarzt für Magen-Darm-Erkrankungen an einer Londoner Klinik, hat 1998 eine „Studie“ im hoch renommierten Wissenschaftsmagazin „Lancet“ veröffentlicht und darin einen Zusammenhang der MMR-Mehrfachimpfung mit dem Entstehen von Autismus behauptet. Wakefield war Inhaber eines Patents für einen Einzelimpfstoff, das er wegen der MMR-Dreifachimpfung natürlich in den Papierkorb hätte werfen können – was sein Eigeninteresse an seiner „Forschung“ belegt. Es ist jedoch von mehreren Seiten her aufgedeckt worden, dass diese „Studie“ -neben anderem- auf manipulierten und gefälschten Daten beruhte und ihre Ergebnisse unter keinem Aspekt haltbar waren.
So ganz nebenher kam noch heraus, dass einiges an Geld geflossen war. So hatte die Klinik 55.000 englische Pfund erhalten – allerdings Wakefield selbst, wie die Sunday Times 2006 aufdeckte, mehr als 400.000 Pfund, ohne dass er dies offengelegt hatte – von Anwälten, denen seine „Ergebnisse“ bei geplanten, teils schon vorbereiteten Prozessen gegen Impfmittelhersteller gerade richtig kamen.
Der „Lancet“ zog die Veröffentlichung zurück. Die britische Gesundheitsbehörde führte eine Untersuchung durch, die in die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Wakefield wegen Betruges mündete. Wakefield kam einer öffentlichen Verhandlung mit der Anerkennung des Klagevorwurfs zuvor. „Lancet“ hat bis heute die Veröffentlichung mit der Kennzeichnung als „zurückgezogen“ im Internet belassen – als Mahnung zu einem der größten und nachwirkendsten Medizinskandale. Wobei der Lancet, durch die zu unkritische Annahme und Veröffentlichung der „Studie“, selbst nicht ganz unschuldig war. Lancet hat daraufhin sein „peer review“, die anonyme vorherige Beurteilung der Einreichungen durch mehrere unabhängige Gutachter, sehr verschärft.
In Großbritannien erhielt Wakefield, der sich seinen von der englischen Presse verliehenen Spitznamen „Fakefield“ redlich verdient hat, Berufsverbot. Er siedelte in die USA über und fand Anschluss an die dortige Impfgegnerszene, als deren „Guru“ er inzwischen fungiert. Dort hat er auch den jetzigen Präsidenten Trump kennengelernt, der seine „Ansichten“ zur Schädlichkeit von Impfungen teilt. Trump versprach im Wahlkampf, dass er als Präsident „Mehrfachimpfungen nicht erlauben würde“ und twitterte, dass „Ärzte über Impfungen gelogen haben“ und ihm „so viele Menschen, die Kinder mit Autismus haben, gedankt hätten“. Oh weh.
Mit dem finanziellen und wohl auch politischen Rückenwind aus den USA betreibt Wakefield mit seinem Kinofilm VAXXED nach wie vor unsägliche Propaganda, mit einer weiteren an den Haaren herbeigezogenen, längst widerlegten Räuberpistole.
Diese Geschichte, so sehr man sich an den Kopf fasst, ist natürlich noch keine Antwort auf die Frage, ob an der Sache aus wissenschaftlicher Sicht irgendwas dran ist. Im Gegensatz zum Verursacher des ganzen Übels sah sich die Wissenschaftsgemeinde in einer Verantwortung den verunsicherten Eltern gegenüber, eine vernünftige und belastbare Antwort auf die Behauptungen Wakefields zu geben.
Es gibt inzwischen etliche Studien, die keinen Zusammenhang zwischen Autismus und Impfen feststellen konnten. Die Cochrane Collaboration, eine unabhängige, international tätige Institution zur Bewertung medizinisch-wissenschaftlicher Ergebnisse, hat sich mit solchen Studien befasst und eine Gesamtschau dazu veröffentlicht. Ergebnis eindeutig: Diesen Zusammenhang gibt es nicht. Überzeugen Sie sich selbst, Cochrane schreibt:
„Wir können keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der MMR-Immunisierung und den folgenden Krankheitszuständen bestätigen: Autismus, Asthma, Leukämie, Pollenallergien, Typ 1-Diabetes, Lauf- und Gehstörungen, Morbus Crohn, Myelinschäden (Vorstufe von Multipler Sklerose) oder bakteriellen bzw. viralen Infektionen…“
Das Ergebnis einer Betrachtung von rund 1,5 Millionen Impffällen!
So siehts aus, kurz zusammengefasst. Und wir bitten Sie, liebe Eltern, den Lügenmärchen der Impfgegnerszene kein Vertrauen zu schenken, sich im Zweifel vom Hausarzt Ihres Vertrauens beraten zu lassen und vielleicht auch mit den heute erhaltenen Infos auch einmal deutlich zu widersprechen, wenn sie der Impf-Autismus-Lüge irgendwo begegnen. Das wäre toll. Mehr zu Wakefield, der sich übrigens durchaus nicht als „Impfgegner“ bezeichnet sehen möchte und dem VAXXED-Film gibt es für Interessierte hier.
Zum Weiterlesen (englisch);
https://www.autismspeaks.org/science/science-news/new-meta-analysis-confirms-no-association-between-vaccines-and-autism
TL;DR „too long, didn’t read“
Die Autismus-Lüge, die sich als Folge der Affäre Wakefield weltweit ausgebreitet hat und nach wie vor hält, beruht auf einem nachgewiesenen Betrugsfall und ist auf breiter Front wissenschaftlich widerlegt. Zwischen Impfungen und Autismus ist kein Zusammenhang nachweisbar. Die neueren Aktivitäten Wakefields sind nicht weniger verwerflich.
In der nächsten Folge wird es eine Antwort auf die Frage geben, was eigentlich der „Herdenschutz“ genau ist.
Bisher erschienen in unserer kleinen Serie:
Folge 1 – Impfen nützt!
Folge 2 – Impfen und das Immunsystem
Folge 3 – Zusatzstoffe und das liebe Geld
Bildnachweis: Fotolia (Montage Meme) / The Lancet (Screenshot)
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