Ein Weihnachtsgeschenk aus den USA…
… für alle, die sich gegen die Täuschung und mögliche Gefährdung von Menschen durch Homöopathie einsetzen! Wir freuen uns sehr, unsere kritischen Berichte für dieses Jahr mit dieser Meldung abschließen zu können:
Wie auch in Deutschland schon zu lesen war, hat die amerikanische Food and Drug Administration (FDA), die medizinische Aufsichtsbehörde der Vereinigten Staaten, am 18.12. 2017 schärfere Bedingungen für nicht ausdrücklich zugelassene homöopathische Mittel auf dem amerikanischen Markt angekündigt. Sie schreibt u.a.:
Die FDA hat einen neuen, risikobasierten Regulierungsansatz für homöopathische Arzneimittel vorgeschlagen. Zum Schutz der Verbraucher, die homöopathische Produkte verwenden, würde dieser neue Ansatz … eine neue Grundlage für den Umgang mit den Fällen schaffen, in denen homöopathische Behandlungen für schwerwiegende Krankheiten und/oder Zustände vermarktet werden, aber die Produkte nachweislich keine klinischen Vorteile bieten. […]
Der von der FDA vorgeschlagene Ansatz priorisiert … Maßnahmen, die nicht zugelassene („marketed without the required FDA approval“), als homöopathisch gekennzeichnete Arzneimittel betreffen, die das größte Risiko für Patienten darstellen. […]
Beispiele für Produkte, für die im Leitlinienentwurf die Durchsetzungsprioritäten gelten können, sind … Produkte, die für schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs und Herzerkrankungen vermarktet werden. […] Bis vor relativ kurzer Zeit war die Homöopathie ein kleiner Markt für Spezialprodukte. Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der Markt für homöopathische Arzneimittel exponentiell gewachsen. Dies hat eine Industrie mit einem Volumen von fast 3 Milliarden US-Dollar hervorgebracht, was entsprechend mehr Patienten den potenziellen Risiken aussetzt, die mit der Verbreitung von unbelegten, nicht getesteten Produkten und unbegründeten gesundheitsbezogenen Angaben verbunden sind. […]
Die FDA hat in den letzten Jahren Warnungen bezüglich einer Reihe anderer homöopathischer Arzneimittel herausgegeben. Dazu gehören … homöopathische Asthmaprodukte, die sich als nicht wirksam bei der Behandlung von Asthma erwiesen haben, und verschiedene homöopathische Arzneimittel, die potenziell toxische Inhaltsstoffe enthalten … . Der Leitlinienentwurf ist ein wichtiger Schritt in der Arbeit der Agentur zum Schutz der Patienten vor unbewiesenen und potenziell gefährlichen Produkten.”…
Die FDA bezieht sich bei der Arzneimittelsicherheit in Anbetracht „potenziell gefährlicher Inhaltsstoffe“ natürlich auch auf die bekanntgewordenen Produktionsmängel bei Homöopathika (Todesfälle bei Globuli als Zahnungshilfen). Produktsicherheit ist selbstverständlich immer und überall ein wichtiges Thema. Eigenticher Kern der Sache ist aber die Kennzeichnung von Homöopathika als unwirksam, klinisch irrelevant und deshalb im Falle schwerer Erkrankungen als gefährlich. An dieser Einschätzung lässt die neue Stellungnahme der FDA keinen Zweifel. Darüber freuen wir uns sehr und sehen darin einmal mehr eine Bestätigung der Notwendigkeit, über Homöopathie aufzuklären, um ihr vor allem die Verwurzelung im allgemeinen Bewusstsein, die „soziale Reputation“, endlich streitig zu machen.
Und die Homöopathen – mal wieder…
Interessant ist aber auch, wie die homöopathische Szene in den USA reagiert. Sie tut nämlich im Grunde so, als sei gar nichts passiert und als bestehe völliges Einvernehmen mit der FDA. So schreibt beispielsweise der Vorstand des National Center of Homeopathy:
„Das National Center for Homeopathy unterstützt die Bemühungen der FDA, Sicherheit und gute Herstellungspraktiken in der Industrie zu gewährleisten. Wir sind entschlossen, mit Industriepartnern zusammenzuarbeiten, um den Zugang der Verbraucher zu homöopathischen Arzneimitteln zu schützen, und wir hoffen, dass diese Maßnahme (der FDA) den Zugang nicht behindern wird. Homöopathische Arzneimittel sind sicher, schonend und wirksam, wenn sie nach den Richtlinien der HPUS (Homöopathic Pharmacopoeia of the United States) unter CGMPs (Current Good Manufacturing Practices) hergestellt werden. Wir begrüßen die Gelegenheit, Verbraucher und medizinisches Fachpersonal über die einzigartigen Aspekte der homöopathischen Medizin aufzuklären.“
Ja, die Homöopathen… So kennen wir sie und lieben sie nicht. Sie treten auf, als ob das alles geradezu eine gemeinsame Aktion mit der FDA sei, ausschließlich Fragen der Qualitätssicherung betreffe (die natürlich auch relevant sind) und lassen die eindeutige Stellungnahme der FDA zur Unwirksamkeit und dadurch potenziellen Gefährlichkeit von homöopathischen Mitteln mal eben unter den Tisch fallen. Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, es gehe um eine gemeinsame Marketingstrategie von FDA und NCH pro Homöopathie …
Nein. Das wird auch nicht helfen. Wir freuen uns sehr, dass kritisches Denken und offene Worte auch in post- bis kontrafaktischen Zeiten doch noch ihr Gewicht haben und wir vom INH sind gern bereit, weiter unseren kleinen Teil dazu beizutragen.
Nur so, als Memo…
Abschließend -zur Erinnerung, zum Nachschauen und für Diskussionen- hier noch eine kleine Liste der wichtigsten Statements internationaler Wissenschaftsorganisationen und Regierungsstellen zur Homöopathie (die sich allein in 2017 um die Russische Akademie der Wissenschaften, das National Health System des Vereinigten Königreichs, das Australische Gesundheitsministerium und in den USA die Verbraucherschutzbehörde FDC und nun die FDA vermehrt haben). Nur ein Wermutstropfen fällt in diesen Sieg der Vernunft: Von einer Institution des deutschen Gesundheitswesens ist bislang eine vergleichbare Erklärung nicht bekannt geworden…
Wir kommen wir zu dem Schluss, dass die Behauptungen zur Homöopathie unplausibel und mit etablierten wissenschaftlichen Konzepten unvereinbar sind. Wir erkennen an, dass ein Placebo-Effekt bei einzelnen Patienten auftreten kann, aber wir stimmen mit früheren umfangreichen Evaluierungen überein, die zu dem Ergebnis kommen, dass es keine bekannten Krankheiten gibt, für die robuste, reproduzierbare Beweise dafür existieren, dass Homöopathie über den Placebo-Effekt hinaus wirksam ist. Wir stellen fest, dass diese dem Patienten erheblichen Schaden zufügen kann, wenn es zu Verzögerungen bei der Suche nach evidenzbasierter medizinischer Versorgung kommt, und dass generell die Gefahr besteht, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Art und den Wert wissenschaftlicher Beweise untergraben wird.
Wissenschaftlicher Beirat der Europäischen Akademien der Wissenschaften, 2017
Dieses Memorandum stellt fest, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft Homöopathie heute als Pseudowissenschaft betrachtet. Ihre Verwendung in der Medizin steht im Gegensatz zu den grundlegenden Zielen der nationalen Gesundheitspolitik […].
Somit basiert die Homöopathie auf theoretischen Positionen, die in großen Teilen direkt grundlegenden wissenschaftlichen Prinzipien und Gesetzen der Physik, Chemie, Biologie und Medizin widersprechen. Keinerlei empirische Daten aus unabhängigen, hochqualitativen klinischen Studien bestätigen die klinische Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln.
Russische Akademie der Wissenschaften, 2017
Die Homöopathie sollte nicht zur Behandlung chronischer, ernster oder schwerwiegender Gesundheitszustände eingesetzt werden. Menschen, die sich für die Homöopathie entscheiden, können ihre Gesundheit gefährden, wenn sie Behandlungen ablehnen oder verzögern, für die es gute Beweise für Sicherheit und Wirksamkeit gibt.
National Health and Medical Research Council, Australien, 2015
Diese Produkte sind nicht wissenschaftlich belegt.
Health Canada
Homöopathische Mittel erfüllen nicht die Kriterien der evidenzbasierten Medizin.
Ungarische Akademie der Wissenschaften
Die Aufnahme anthroposophischer und homöopathischer Produkte in die schwedische Arzneimittelrichtlinie würde mehreren Grundprinzipien für Arzneimittel und evidenzbasierte Medizin zuwiderlaufen.
Schwedische Akademie der Wissenschaften
Es gibt kaum Belege dafür, dass die Homöopathie eine wirksame Behandlung für eine bestimmte Erkrankung ist.
NCCIH (Nationales Zentrum für komplementäre und integrative Gesundheit), USA
Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass das Produkt wirkt.
Die Erklärungen zum Produkt basieren ausschließlich auf den Theorien der Homöopathie aus dem 18. Jahrhundert, die von der Mehrzahl der heutigen medizinischen Fachleute nicht akzeptiert werden.
Homöopathische Mittel sind nicht besser als Placebos, und die Prinzipien, auf denen die Homöopathie beruht, sind wissenschaftlich nicht plausibel.
Schlussfolgerung: Homöopathie sollte nicht vom National Health Service unterstützt werden und die MHRA (Arzneimittel-Zulassungsbehörde) sollte die Lizensierung homöopathischer Produkte beenden.
The House of Commons, Science and Technology Committee, 2009
Es gibt keine qualitativ hochwertigen Beweise dafür, dass die Homöopathie als Behandlung für irgendeine medizinische Indikation wirksam ist. Homöopathie ist im besten Falle Placebo.
National Health Service, Vereinigtes Königreich
Die Homöopathie hat ihre Wirksamkeit in keiner bestimmten Indikation oder klinischen Situation endgültig bewiesen.
Ministerium für Gesundheit, Spanien
Es gibt eine stetige Zunahme an Beweisen und die Überzeugung der wissenschaftlichen Gemeinschaft in der Medizin, dass die Homöopathie als eine der unwissenschaftlichen Methoden der so genannten „alternativen Medizin“ behandelt werden sollte, die wertlose Produkte ohne wissenschaftlich nachgewiesene Wirksamkeit anbietet.
Aus rein klinischer Sicht bleibt festzuhalten, dass es keinen gültigen empirischen Nachweis für die Wirksamkeit der Homöopathie (evidenzbasierte Medizin) über den Placeboeffekt hinaus gibt.
Federaal Kenniscentrum voor de Gezondheidszorg, Belgien
Wir gehen davon aus, dass diese Liste sich in Zukunft noch verlängern wird.
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