Dr. Steffis Sprechstunde – Heute: Barfen
Zusammenfassung
Was spricht gegen das Mode gewordene "Barfen", was dagegen? Unsere TIerärztin Dr. Steffi, ausgewiesene Ernährungsexpertin, nimmt Stellung.
Dr. Steffi ist Fachtierärztin für Ernährung. Wir sind gespannt auf ihre fachliche Sicht auf das Barfen, die Ernährung unter der Flagge des „Ursprünglichen“, um die eine regelrechte Szene entstanden ist. Bitte sehr, Dr. Steffi!
„Rohfütterung gefährdet Ihre Gesundheit“
Die Rohfütterung, das sogenannte „Barfen“ (von: „biologisch-artgerechte Rohfütterung“ ) ist seit einigen Jahren eine beliebte Alternative zu Fertigfutter. Dabei soll mit rohem Fleisch, Knochen, Innereien, Gemüse und Kräutern das „natürliche Beutetier“ nachgeahmt werden. „Frisch und natürlich“ – das klingt auf den ersten Blick toll! Doch leider gehen von der Rohfütterung zahlreiche Risiken aus:
Rohes Fleisch kann Bakterien, Viren und Parasiten übertragen – das gilt gleichermaßen für unsere Haustiere. Und auch wenn Hunde und Katzen selbst gegenüber typischen „Lebensmittelinfektionen“ wie Salmonellose weniger empfindlich sind als wir Menschen, können sie diese Bakterien ausscheiden und im Haushalt verteilen. Auch gefährliche Krankheiten, wie Toxoplasmose oder Tuberkulose, können durch rohes Fleisch übertragen werden. Sie meinen, dieses Risiko bestehe auch, wenn man für sich selbst Fleisch zubereitet? Nun, das stimmt – allerdings muss man davon ausgehen, dass die hygienische Qualität von Fleisch aus „BARF-Shops“ wesentlich schlechter ist als die von Lebensmitteln, so dass das Risiko deutlich höher ist.
Das zweite große Problem ist die ausgewogene Nährstoffversorgung – für die ist beim Barfen ja der Besitzer selbst verantwortlich. Leider sind viele Informationen und Anleitungen in Büchern und auf Webseiten fehlerhaft, auch von den „BARF-Gurus“. Das ist für einen medizinischen Laien kaum zu durchschauen, da vieles darin „hochwissenschaftlich“ klingt. Daher sind bei BARF-Rezepten Über- und Unterversorgung sogar die Regel, manchmal werden einige Nährstoffe komplett vergessen. Das kann zu schweren Schäden führen – wie beispielsweise Wachstumsstörungen bei Welpen, unter denen die Tiere ihr Leben lang leiden.
Hinzu kommt die Gefahr, dass Knochen zu Verletzungen, Verstopfung und sogar lebensgefährlichem Darmverschluss führen können.
Einen gesundheitlichen Vorteil hat rohes gegenüber gekochtem Fleisch übrigens nicht. Der gern erwähnte „Nährstoffverlust“ durch Erhitzen ist irrelevant (sonst hätte sich die menschliche Zivilisation auf Basis gekochter Nahrung sicher nicht so hoch entwickelt ). Wer seine Tiere aus verschiedenen Gründe nicht mit Fertigfutter ernähren will, kann also gern kochen – das hat dieselben Vorteile, ist gesund, frisch und individuell, aber ohne Infektionsrisiko für Mensch und Tier. Es gibt auf Ernährung spezialisierte Tierärztinnen, die Beratung und Berechnung von Rezepten anbieten.
Wem das zu viel Arbeit ist, kann ruhigen Gewissens Fertigfutter geben, dann das ist sicher und ganz bestimmt nicht „ungesund“ – dazu ein andermal mehr!
Ihre
Dr. Steffi
Dr. Steffi ist Tierärztin in Wien. Nachdem sie 10 Jahre lang als Wissenschaftlerin an der VetMedUni gearbeitet hatte, betreibt sie nun eine private Praxis. Ihr Spezialgebiet ist Ernährung & Diätetik. Als Mitglied der „Gesellschaft für kritisches Denken“ (Wiener Ortsgruppe der GWUP) engagiert sie sich in der Aufklärung über Ernährungsmythen und Alternativmedizin.