#DerApotheker im Interview!
Noch gar nicht lange twittert „DerApotheker“ (@ApothekerDer) zum Thema Homöopathie. Mit Sachverstand und Humor schreibt er seine Tweets – und der Lohn dafür sind eine Menge Follower in kurzer Zeit
Natürlich interessieren wir uns vom Susannchen-Team dafür, wen wir da eigentlich auf Twitter erleben und was ihn zu seiner so dezidiert homöopathiekritischen Haltung bewegt. Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir heute ein kleines Interview mit ihm veröffentlichen können!
Hallo DerApotheker!
Hallo Susannchen!
Du hast es in ein paar Wochen geschafft, dass man Dich beim Twitter-Hashtag „Homöopathie“ gar nicht mehr übersehen kann. Was ich unbedingt längst wissen wollte – bist Du tatsächlich Apotheker?
Das kam in der Tat überraschend für mich mit dem Erfolg bei Twitter, er freut mich natürlich sehr. Ja, ich bin wirklich Apotheker – einer, der findet, dass Homöopathie nichts in der Apotheke zu suchen hat.
Unsere Apotheke ist ziemlich groß, und wenn ich da mal mit hingehe, werden wir eigentlich immer von jemand anderem beraten. Was ist das denn für ein Personal, das da berät?
Das sind hauptsächlich Apotheker und Pharmazeutisch-technische Assistentinnen / Assistenten (PTA). Als Apotheker muss man Pharmazie studiert haben und als PTA braucht man eine besondere Ausbildung.
Ich schüttele ja eigentlich auch immer den Kopf, wenn ich in der Apotheke mitten zwischen den richtigen Medikamenten Homöopathie-Packungen stehen sehe. Warum, findest du, hat Homöopathie da nichts verloren?
Wir Apotheker haben ein sehr wissenschaftliches Studium abgeschlossen, wir wissen aufgrund der Zusammenhänge, die wir dabei gelernt haben, dass Homöopathie keine Wirkung als Arznei haben kann. Man sollte sich also schon klar darüber sein, dass Homöopathie den Naturgesetzen widerspricht.
Wenn die Leute einfach mehr über die Homöopathie wüssten, würden sie wohl die „Behandlung“ mit homöopathischen Zuckerkügelchen für einen schlechten
Witz halten. Deshalb finde ich Aufklärung dazu so wichtig – das möchte ich mit meinen Tweets erreichen, so wie Du, Susannchen, mit Deinen Seiten im Internet. Und trotz allem stehen wir jeden Tag in der Apotheke und verkaufen Homöopathie, Schüßler-Salze und Bachblüten…
Warum ist das so?
Nun, man darf auch nicht vergessen, dass Homöopathie vom Gesetzgeber apothekenpflichtig gemacht wurde. Unsinnig, ja, aber es ist so. Deshalb muss jede Apotheke Rezepte von homöopathischen Ärzten und anderen Homöopathen auch einlösen, daran führt kein Weg vorbei.
Eine ganz andere Sache ist aber, wie die einzelne Apotheke selbst zur Homöopathie eingestellt ist. Es gibt leider genügend Apotheker und PTA, die sie empfehlen, obwohl sie es wirklich besser wissen müssten. Die Gründe dafür sind sehr
unterschiedlich. Sie lassen sich von eigenen „Erfahrungen“ oder vielen gehörten „Heilungsgeschichten“ beeinflussen, obwohl sie wissen müssten, dass so etwas nie ein Beweis sein kann. Die Herstellerfirmen versuchen uns auch dahingehend zu beeinflussen, z.B. durch Schulungen und Vertreterbesuche, und diese Leute sind schon sehr geschickt.
Das darf einfach nicht sein. Verallgemeinern darf man das aber auch nicht.
Selbstverständlich gibt es eine Menge Apotheker und PTA, die nicht aktiv für Homöopathie werben und die Kundschaft ordentlich beraten. Und vor allem bei einer Kundenbitte nach einem Mittel gegen irgendwelche Beschwerden nicht
ungefragt Homöopathie anbieten.
Unterscheiden sich eigentlich die studierten Apotheker von den PTA in der Einstellung zur Homöopathie? Ich hab noch nie erlebt, dass unsere nette Apothekerin selbst jemandem Homöopathie empfohlen hat?
Das Pharmaziestudium geht viel mehr in die Tiefe als die PTA-Ausbildung. Dadurch fehlen den PTA auch Grundlagen, um aus den Zusammenhängen heraus die Unsinnigkeit der Homöopathie verstehen zu können. Das machen sich die Homöopathie-Firmen zunutze, die in den PTA-Magazinen sehr gezielt und intensiv die PTA umwerben. Warum, ist klar. Den PTA ist das also nicht unbedingt vorzuwerfen. Studierten Apothekern mit einer homöopathiefreundlichen Haltung würde ich den Vorwurf viel eher machen.
Das ist bei den Hebammen übrigens auch nicht viel anders als bei den PTA, da versuchen die Firmen auch von Anfang an, die Hebammen für Homöopathie zu gewinnen und die wiederum die jungen Mütter.
Muss man da nicht die PTA-Magazine kritisieren?
PTA-Magazine sind sicher grundsätzlich eine gute Sache, um sich apothekenrelevantes Wissen anzueignen und um auf dem Laufenden zu bleiben. Man darf sie nur nicht unkritisch lesen – und das ist vor allem bei Leuten, die noch in der Ausbildung stehen oder gerade fertig sind, sehr problematisch, denn denen fehlt ja noch das Handwerkszeug, um überhaupt kritisch lesen zu können. Und leider geht es nicht nur um die Werbung in diesen Magazinen. Auch viele redaktionelle Artikel sind „pro Homöopathie“. Was dazu führt, dass nicht nur die Werbung, sondern auch die Fachartikel oft Homöopathie „transportieren“. Da würde ich mir schon kritischere Redaktionen wünschen.
Wie kamst du auf die Idee, jetzt auf einmal wegen dieser Dinge so richtig öffentlich loszulegen?
Ich bin es einfach dermaßen leid, dass Homöopathie in Apotheken verkauft werden muss, dass es sogar ein offizielles Homöopathisches Arzneibuch gibt, obwohl die Homöopathie schon längst widerlegt ist.
Versuche nur einmal, als Apotheker, der sich gegen die Homöopathie positioniert, einen neuen Job in einer Apotheke zu finden. Das kommt beim Inhaber der Apotheke nicht unbedingt gut an, wenn jemand, ohne etwas gekauft zu haben, die Apotheke verlässt, weil ihm davon abgeraten wurde.
Oft kann man sicher etwas Wirksames als Alternative anbieten. Aber dieses Wirksame gibt es leider nicht immer, Medizin ist eben nicht Zauberei und kann nicht alles. Und da hat die Homöopathie einen „Vorteil“: Sie kann für jede Krankheit einfach etwas „erfinden“ – sie muss schließlich keine Wirkung belegen. Es ist sogar so, dass viele Apotheken ausdrücklich Apotheker suchen, die homöopathisch beraten können.
Aber dann kann ich mich ja gar nicht wirklich auf Beratung in den Apotheken verlassen?!?
Sicher, man kann nicht alles wissen und immer auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft sein, aber, dass Homöopathie keine Wirkung hat, das sollten Apotheker und PTA wissen – und sich bei ihrer Beratung selbstverständlich auch danach richten.
Wenn der Kunde etwas Homöopathisches möchte, sollte man nachfragen, ob ihm klar ist, dass das Produkt keine nachgewiesene Wirkung hat. In manchen Ländern ist eine solche Beratung zur Homöopathie sogar vorgeschrieben. Und nur so eine Form von Beratung kann ein Grund für die Apothekenpflicht der Homöopathie sein.
Dauernd hört man, dass Homöopathika einfach nur pflanzliche Arzneimittel sind, kannst du dazu was sagen?
Pflanzliche Arzneimittel, also Phytopharmaka, haben eine nachgewiesene Wirkung, sie enthalten verschiedene wirksame Bestandteile. Homöopathie kann pflanzlichen Ursprungs sein, muss es aber keineswegs. Alles Mögliche kann „homöopathischer Ausgangsstoff“ sein.
Ein homöopathisches „Arzneimittel“ hingegen beruht zwar auch häufig auf einem pflanzlichen Auszug (Extrakt), der Urtinktur, aber durch das Verdünnen/Potenzieren ist im Ergebnis kaum etwas bis gar nichts mehr davon übrig, weshalb es auch keine pharmakologische Wirkung geben kann und weshalb es letztendlich auch kein „pflanzliches Arzneimittel“ ist.
In einer Pflanze ist übrigens mehr Chemie enthalten als in einem synthetisch hergestellten Arzneimittel – manchmal hunderte Verbindungen. Die pharmazeutische Industrie bemüht sich, den eigentlichen Wirkstoff, oft nur eine einzige Substanz, zu isolieren und auf die gewünschte Wirkung hin zu optimieren. Wenn man das weiß, versteht man auch, dass oft pharmazeutische Mittel sowohl wirkungsvoller als auch sicherer sind als einfache Pflanzenauszüge. Das verwundert
dann auch immer die Kunden, die denken, dass pflanzlich chemiefrei heißt, aber alles ist Chemie.
Wie stehst du dazu, dass Krankenkassen Homöopathie bezahlen?
Eigentlich sollte doch klar sein: Krankenkassen sollten nur bezahlen, was wirklich wirkt. Warum sollten Kassen etwas bezahlen, das keine nachgewiesene Wirkung hat?
Homöopathie wird hauptsächlich deshalb erstattet, um damit neue Kunden anzuwerben, das geben viele Krankenkassen sogar zu. Aber das, finde ich, ist absolut nicht in Ordnung. Mit dem Geld, das für Homöopathie unsinnig ausgegeben wird, könnte man sicher viele sinnvolle andere Dinge machen. Und immerhin stammt dieses Geld ja von allen Beitragszahlern, auch von den vielen, die mit Homöopathie – zu Recht – nichts anfangen können und wollen!
Vielen Dank für das Interview. Kannst du unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?
Ja. Fragt nach, wenn euch in der Apotheke oder beim Arzt ein Arzneimittel empfohlen wird und ihr unsicher seid, ob es homöopathisch ist! Sagt ganz deutlich, dass ihr keine Homöopathie möchtet!
Dafür kann man mein Wunschkärtchen benutzen!
Macht das! Wenn ihr könnt, diskutiert darüber, warum euch etwas Homöopathisches empfohlen wurde, fragt ruhig nach, wieso man euch etwas Unwirksames anbietet. Wechselt die Apotheke oder den Arzt, wenn ihr das Gefühl habt, mit eurem Wunsch nach guter, fundierter Medizin nicht ernst genommen zu werden.
Wenn ihr zu eurer Krankheit im Internet recherchiert, seid sehr vorsichtig. Die Erfahrung zeigt, dass die Anbieter unseriöser Informationen oft seitenlang die ersten Suchtreffer bei Google besetzen. Für Laien ist es kaum noch möglich, hier ohne Weiteres gute von schlechter Information zu unterscheiden. Die ersten Adressen für Gesundheitsfragen sind immer noch der Arzt oder Apotheker eures Vertrauens – nicht Dr. Google oder die Youtube-Universität.
Und:
Sagt Nein zur Homöopathie, denn Homöopathie heilt nie!
Vielen Dank für Dieses Interview, lieber #DerApotheker, und vor allem auch für Deinen Beitrag zur so wichtigen Aufklärungsarbeit! Die homöopathiekritische Community wird immer größer – auch dank Deiner tollen Tweets!
Und was wir auch ganz toll finden: DerApotheker hat sich mit einem ebenfalls neuen „Namen“ der homöopathiekritischen Szene ein wenig „zusammengetan“: Nämlich Sankt Johann (@skt_johann), der seinen Teil mit tollen witzigen Cartoons beiträgt. Das schöne Logo von DerApotheker ist von ihm, unten auf der Seite sehen wir eine „Gemeinschaftsarbeit“ der beiden.
Deshalb die Empfehlung des Susannchen-Teams: Wenn ihr es noch nicht tut, liebe Twitterer: Folgt #DerApotheker (@ApothekerDer) – und wenn ihr schon mal dabei seid, auch gleich #Sankt Johann (@skt_johann)!
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