Apotheken zwischen Gesundheit und Geschäft
Das Apothekenthema, liebe Leserinnen und Leser, haben wir vor Kurzem schon einmal auf der Facebook-Seite von Susannchen am Rande behandelt. Dort ging es in erster Linie um den Spagat, den die Apothekerin / der Apotheker machen muss, wenn zwischen legitimem Geschäftsinteresse und der Rolle als Verantwortliche im Gesundheitssystem letzten Endes konkret zu entscheiden ist. Das Portal DocCheck hatte hierzu eine Art Essay veröffentlicht, der –wie der GWUP-Blog zutreffend konstatierte– aber letztlich den Leser ratlos zurückließ.
Wie kann / soll / muss man das betrachten?
In das Dilemma zwischen Gesundheitsberatung und Kaufmannschaft wird die Apotheke letztlich dadurch gezwungen, dass der Gesetzgeber eine Apothekenpflicht für Scheinmedikamente wie Homöopathie für erforderlich hält. Er tut das -das kann man aus den Gesetzgebungsmaterialien ablesen- keineswegs wegen der Apothekenlobby, sondern wegen der Pseudomedizinlobby. Es ist nämlich ganz einfach: Das Renommée der Apotheke beim Publikum ist nun mal ein anderes als das des Supermarktes – jedenfalls in Gesundheitsfragen. Solange also unwirksame Mittel wie die Homöopathie über die Apothekenpflicht Seriosität vortäuschen können und das Vertrauen der Verbraucher insofern durchaus missbrauchen, solange können die Hersteller auf sichere Geschäfte und „Apothekenpreise“ für ihren gekugelten Zucker vertrauen. So hängt eines mit dem anderen zusammen und Appelle an den, den als letzten die Hunde beißen, in diesem Falle die Apotheken, sind deswegen natürlich sehr problematisch.
Die Apotheken wurden und werden reichlich drangsaliert vom Gesetzgeber und den Vertragspartnern. Wer wollte ihnen wirklich verübeln, den Umsatz mit den unwirksamen Mitteln „mitzunehmen“?
Nun, es gibt Länder, in denen Bachblüten, Homöopathie und Co. gar nicht in Apotheken vorhanden sein dürfen, weil sie sonst eine unethische Täuschung der Verbraucher darstellen würden (Australien). Es gibt solche, bei denen diese Mittel nicht im Verkaufsraum sichtbar sein dürfen, sondern separat aufbewahrt werden müssen und nur auf ausdrückliche Nachfrage abgegeben werden dürfen (Russland). – Und dann die, bei denen die Homöopathika und Bachblüten in der Drugstore-Abteilung des nächsten Kaufhauses oder der Mall erhältlich sind (USA). Die spanische Regierung arbeitet an einem Handlungsrahmen zur Pseudomedizin, der wahrscheinlich auch vorsehen wird, den Vertrieb von Homöopathika über Apotheken strukturell zu verändern oder sogar völlig aufzugeben. All dies zeigt, dass die deutsche Situation nicht als in Stein gemeißelt angesehen werden darf.
Wir werden das Problem nicht über Apotheken-Bashing lösen können, dem verweigern wir vom Susannchen-Team uns ohnehin. Wir kennen die Probleme der niedergelassenen Apotheken recht gut und werden uns hüten, der einzelnen Apothekerin oder dem einzelnen Apotheker hier wohlfeile Ratschläge zu geben. Wobei wir uns natürlich freuen, wenn in der Apotheke nicht kritiklos pro unwirksamer Mittel beraten wird. Dafür kennen wir eine ganze Menge positiver Beispiele.
Damit kommen wir zur Frage des Apothekenpersonals. Was Pharmaziestudenten so im Studium an wissenschaftlichen Grundlagen vermittelt bekommen oder auch nicht, wäre ein Thema für sich (was von berufenerer Seite woanders bereits umfassend abgehandelt wurde.) Und das „Bodenpersonal“, die pharmazeutisch-technische Assistentin, als Gesundheitsdienstleisterin ausgebildet? Von ihr sollte man sicher fachlich korrekte und für den einzelnen Kunden angemessene Beratung erwarten dürfen. Da sollte man sich doch schon auf die Ausbildung verlassen können! Oder?
Nun ja. Uns sind schon PTA -auch noch in Ausbildung- begegnet, die eine recht starke Neigung zur „Gläubigkeit“ an unwirksam-esoterische Methoden aufwiesen. Die Berufsfachschulen scheinen sich hier nicht immer klar zu positionieren, um so etwas zu verhindern. Die Homöopathiehersteller haben das längst mitbekommen und die PTA, ähnlich wie die Hebammen, als hochinteressante Multiplikatorengruppe für ihre Produkte entdeckt. Was macht man da? Man bietet nette, unterhaltsame und vor allem kostenlose Fortbildungen an. Eine absolut sichere Methode, mit der man gleich auch noch das Verbot von Indikationsangaben für registrierte Homöopathika umgehen kann. Glauben Sie nicht? Lesen Sie hier…
Auch manche PTA-Fachpublikation, in die wir Einblick nehmen durften, lehrten uns eher das Grausen als dass es uns Vertrauen in das Apotheken-Nachwuchspersonal eingeflößt hätte.
Dass das nicht die Regel ist, diese Hoffnung haben wir, wenn wir diesen Fachartikel auf der Seite „PTA digital“ lesen. Nicht nur, dass das Thema -rezeptfreie Mittel bei Schlaflosigkeit- korrekt und auch didaktisch sehr gut aufbereitet angeboten wird. Der Autor gibt den PTA auch eine klare Checkliste für die Kundenberatung an die Hand – und positioniert sich ganz eindeutig zur Grenze der Verantwortung bei der Abgabe von nicht medizinisch wirksamen Mitteln. Zumindest ein Anhalt für das Dilemma zwischen Geschäft und Beratung, unserem Eingangsthema, ist damit gegeben. So soll es sein! Danke dafür!
Ach ja – gegen das Dilemma wirken natürlich auch ganz hervorragend -sogar vorbeugend- Susannchens Wunschkärtchen!
Das Susannchen-Team
Bildnachweis: Fotolia_193429701_XS
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