Homöopathie vs. Naturheilkunde: Eine kleine Nachbetrachtung
Liebe Leserinnen und Leser,
wir, das Susannchen-Team, freuen uns sehr über die große Resonanz, die unser Artikel über die falsche Gleichsetzung von Homöopathie und Naturheilkunde / Phytotherapie gefunden hat. Viele Reaktionen hierauf sprachen zwei Dinge an, die fast wie ein Gegensatz erscheinen: Die Frage, ob es überhaupt noch nötig sei, darüber aufzuklären und der Hinweis, dass man die wahren Gläubigen der Homöopathie damit ohnehin nicht erreiche. Zu beiden Punkten möchten wir gern einige Anmerkungen machen.
Zum ersten Punkt ein Beispiel dafür, wie sehr die Imagepflege der Homöopathiehersteller auf das Natürlichkeits- und Pflanzenimage setzt – und wie erfolgreich sie damit ist.
Aus den „Kraichgau News“: „Stutensee-Staffort. Staatsminister a.D. … und FDP-Bundestagskandidat … besuchten Ende Juli 2017 die Freilandfläche „Terra Medica“ zum Heilpflanzenanbau der Arzneimittelhersteller Dr. Willmar Schwabe und Deutsche Homöopathie-Union (DHU) in Staffort. Dabei wurden die beiden FDP-Politiker von einer Gruppe von Liberalen aus der Region begleitet und kamen auch mit Unternehmens-Vertretern ins Gespräch, die sich sehr über den Besuch freuten.“
Na, das ist wirklich Grund zu Freude, war hier doch eine wunderbare Gelegenheit gegeben, Vertretern aus der Politik die Gleichsetzung von Naturheilkunde / Phytotherapie und Homöopathie an Ort und Stelle zu suggerieren. Natürlich wird ausdrücklich erwähnt, dass der Ertrag der Anpflanzung im Werk der DHU zu „homöopathischen Arzneimitteln“ verarbeitet werde (60 Tonnen/Jahr…).
Die GWUP Regionalgruppe Pfalz/Nordbaden hat sich bemüht, diesem Ärgernis etwas entgegenzusetzen und hat dem Susannchen-Team dazu folgendes geschrieben:
„Am Donnerstag, den 24.08.2017 erschien dieser „Susannchen“-Cartoon im Anzeigenteil der Stutensee-Woche:
Warum, und weshalb in diesem Wochenblatt?
Die Stutensee-Woche ist das Amtsblatt der Großen Kreisstadt Stutensee. Es erscheinen darin amtliche Bekanntmachungen der Stadt Stutensee und Berichte der ortsansässigen Parteiverbände, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, Kirchengemeinden und Vereine. Auf der Gemarkung der Stadt Stutensee, im Ortsteil Staffort, betreibt die Deutsche Homöopathie-Union (DHU), einer der größten deutschen Hersteller von Arzneimitteln auf homöopathischer Basis, zusammen mit dem Arzneimittelhersteller Dr. Willmar Schwabe ihren Heilpflanzenanbau auf „Terra Medica“.
So findet man immer wieder mal Berichte über „Terra Medica“ in der Stutensee-Woche, wie etwa am 10.08.2017 in der Ausgabe Nr. 32 auf Seite 12. Hier wurde über einen Besuch einer Delegation der FDP auf „Terra Medica“ berichtet. Es wird das übliche Natur- und Öko-Image bedient, mit Phrasen wie z.B.: „19 Mitarbeiter bauen dort 600 unterschiedliche Heilpflanzen an – vollständig ökologisch, ohne Herbizide und Insektizide“ – „Die ausschließlich per Hand geernteten Pflanzen bzw. Pflanzenteile werden im nahe gelegenen Hauptwerk der DHU in Karlsruhe zu homöopathischen Arzneimitteln weiter verarbeitet“ oder „Die Anlage Terra Medica ist ein Beispiel für biologisches Gleichgewicht durch größtmögliche Artenvielfalt“.
Diese Aussagen haben zwar einen angenehmen, weil natürlichen Klang, aber durchaus keine -wie der Konsument erst einmal annehmen dürfte- für die hergestellten Produkte wesentliche, sondern nur eine suggestive Bedeutung – Stichwort „Naturheilkunde“ einmal mehr. Denn:
- selbst wenn Herbizide und Insektizide eingesetzt würden, käme von diesen durch die Verdünnung im homöopathischen Arzneimittel bei handelsüblichen Potenzen spätestens ab D6 nichts mehr an,
- es gibt weder einen Beleg für die Behauptung, noch ist es theoretisch denkbar, dass die Ernte von Hand einen Einfluss auf die Wirksamkeit der Endprodukte hat und
- auch zwischen Artenvielfalt beim Anbau und Wirksamkeit des Produkts gibt es keinen Zusammenhang.
Leserbriefe werden in der Stutensee-Woche prinzipiell nicht veröffentlicht. Um einen Kontrapunkt zu dem Bericht der FDP Delegation zu setzen, haben wir uns entschlossen, die oben gezeigte „Susannchen“-Anzeige im Anzeigenteil der Stutensee-Woche zu schalten, in der Hoffnung, dass sie von den Lesern wahrgenommen wird und neugierig macht, dem Link auf die Susannchen-Webseite zu folgen und sich dort über die angebliche „Natürlichkeit“ von Homöopathie zu informieren.
Es ist nicht die erste Aktion dieser Art. Bereits im Februar dieses Jahres haben wir diese Susannchen-Anzeige:
in der Stutensee-Woche geschaltet. Anlass war hier ein Bericht über „Terra Medica“ in schönster Blümchenprosa der DHU im amtlichen(!) Teil der Stutensee-Woche. Zugleich wurde ein Brief mit kritischen Anfragen zu dieser Veröffentlichung an die Stadtverwaltung gerichtet und eine dementsprechende Erkundigung in die Bürgerfragestunde der Gemeinderatssitzung eingebracht. Die Stadtverwaltung reagierte – nun, sagen wir mal, – „gelassen“. Es habe mit dieser Firma in der Vergangenheit nie irgendwelche Probleme gegeben, und man habe auch über andere Firmen bereits im amtlichen Teil berichtet. Dass das Geschäftsmodell dieser Firma sich von dem anderer Gewerbetreibender grundsätzlich unterscheidet, weil es auf magischem Denken beruht, wurde von der Stadtverwaltung nicht so gesehen. Wir geben uns damit nicht zufrieden und bleiben an der Sache dran, denn es kann nicht angehen, dass eine öffentliche Verwaltung im von ihr selbst redaktionell verantworteten Teil ihres Amtsblatts eine Zauberkunst adelt.“
Wir sagen danke und meinen dazu:
Aufklärung tut mehr als Not. Was sich an diesem Vorgang in aller Deutlichkeit zeigt. Das „öffentliche Bewusstsein“ zur Homöopathie, aus dem sich deren soziale Akzeptanz speist, ist zum allergrößten Teil schlicht falsch orientiert.
Woraus sich auch gleich die Antwort auf die zweite Frage ergibt.
Es mag schon so sein, dass man dogmatisch Überzeugte unsererseits nicht erreicht. Das wissen wir. Aber uns geht es um die noch für Sachargumente Erreichbaren, die Ratsuchenden, die sich nicht damit zufriedengeben, dass Nachbarn und Verwandte die Homöopathie doch so nachdrücklich empfehlen. Zudem sollen diejenigen, die uns unterstützen, mit guten zusätzlichen Argumenten versorgt werden, die in Diskussionen verwendet werden können. Wir setzen auf Information und Aufklärung. Sonst könnten wir es ja ganz lassen – wie Susannchen gern sagt: Wer nicht anfängt mit irgendwas, hat schon aufgehört!
Susannchen jedenfalls wird mit ihrem Team in diesem Sinne weitermachen. Bleiben Sie uns treu! Und schön, dass wir Unterstützer an unserer Seite wissen.
Bildnachweis: Eigenes Bild / eigene Memes